
Schwarzlauge, ein Nebenprodukt der Zelluloseherstellung in der Papierindustrie, wird traditionell durch Verbrennung direkt in Energie umgewandelt. Doch die Branche ist immer auf der Suche nach vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten aller im Produktionprozess anfallenden Produkte und Nebenprodukte. Eine solche Alternative wurde nun von Stora Enso entdeckt.
Das Unternehmen fand heraus, dass Graphit, das bei der Herstellung von wiederaufladbaren Batterien verwendet wird, durch den Rohstoff Lignin, der in Schwarzlauge enthalten ist, ersetzt werden kann. Dieser farblose und feste Stoff, der neben der Zellulose wichtigster Bestandteil des Holzes ist, wird von der Schwarzlauge getrennt und anstelle des Graphits verwendet.
Die Zellstofffabrik in Sunila blickt auf eine lange Geschichte der Nutzung von Lignin zurück. Ziel ist die Herstellung einer vollständig biobasierten, ungiftigen und letztlich wirksameren Alternative zum fossilen Graphit. Die jährliche Produktionskapazität von Lignin in der Sunila-Fabrik von Stora Enso beträgt 50.000 Tonnen. Damit ist Stora Enso der weltweit größte Hersteller von Kraftlignin.
Neue Produkte statt Energieerzeugung
Etwa die Hälfte des Holzes, das in eine Zellstofffabrik gelangt, wird tatsächlich auch zu Zellstoff verarbeitet. Der Rest wird traditionell zur Erzeugung von Wärme und Elektrizität verbrannt. Für eine zunehmende Energieeffizienz kann die Forstindustrie auch Schwarzlauge zur Energiegewinnung verwenden. Dies hat die Türen für die Entwicklung neuer Produkte geöffnet. Das Ziel ist es, weitere Verwendungen für Schwarzlauge zu finden, die rentabler sind als nur ihre energetische Nutzung. Der Vorteil dabei ist, dass es sich hierbei um einen nachwachsenden Rohstoff handelt und so gleichzeitig Nachhaltigkeit gefördert wird.
Optimierte Batterien
Die Verwendung von Graphit in Batterien hat mit seiner Funktion als elektrischer Leiter zu tun. In herkömmlichen Batterien besteht die Kathode aus Lithiumoxid, die Anode aus Graphit. Die Anode aus Graphit macht etwa ein Fünftel des Batteriegewichts aus.”, sagt Lauri Lehtonen, Leiter Innovation bei Stora Enso. Die von ihnen entwickelte Alternative ist an sich nicht leichter als Graphit. Vielmehr zielt die Erforschung des Materials auf eine schnellere Ladung und Entladung ab, die zudem noch leistungsfähiger ist. Wenn die Forschung dieses Ziel erreicht, werden weniger Batterien benötigt, um die gleiche Menge an Elektrizität zu speichern. Bei der Herstellung des Anodenmaterials wird der im Lignin enthaltene Sauerstoff entzogen, was zu einem erheblichen Gewichtsverlust des Materials führt. Wenn die industrielle Herstellung in Sunila anläuft, wird die derzeitige Ligninproduktion ausreichen, um Material für etwa 200.000 Batterien für Elektroautos pro Jahr herzustellen.
„Wenn wir mit der Pilotanlage erfolgreich sind und es sich als sinnvoll erweist, mit der industriellen Produktion zu beginnen, können wir die Entscheidung für eine weitere Investition treffen. Die Ergebnisse aus dem Betrieb der Pilotanlage werden darüber entscheiden”, so Lehtonen.
Graphit ist die in der Natur am häufigsten vorkommende Form von Kohlenstoff. Er wird im Bergbau gewonnen, ist ein fossiler Rohstoff und wird neben wiederaufladbaren Batterien auch in Elektromotoren, als Schmiermittel, in Kernreaktoren und in Stiften verwendet. Der Nachteil des Graphits ist, dass er viele Verunreinigungen enthält, wie zum Beispiel bestimmte Metalle, die vor der weiteren Verwendung von ihm getrennt werden müssen. Dieser Prozess erfordert allerdings den Einsatz von giftigen Säuren.
Der in wiederaufladbaren Batterien verwendete Graphit ist oft synthetisch, doch auch er basiert auf einem fossilen Nebenprodukt der Erdölindustrie. Auch bei dieser Herstellung müssen komplizierte Verfahren eingesetzt werden.
Das Potenzial der Forstindustrie
Zukünftig wird der Markt für wiederaufladbare Batterien weiter wachsen, weil immer mehr Autos, Fahrräder oder andere Fahrzeuge mit ihnen ausgestattet werden. Auch in der stark expandierenden Unterhaltungselektronikindustrie oder großen Energiespeichersystemen finden sie immer mehr Verwendung.
Die Nachfrage nach Anodenmaterial auf Ligninbasis hat ein enormes Wachstumspotential. Seine Verwendung bietet sich dafür besonders an, weil es das in der Natur am häufigsten vorkommende Makromolekül ist. Alle Pflanzen enthalten Lignin, doch bisher ist der industrielle Einsatz eher unerheblich. Da es aus der Schwarzlauge gewonnen wird, führt es nicht zwangsläufig zu einer erhöhten Holzverarbeitung. Somit ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch in Zukunft stets eine Deckung der Nachfrage möglich ist.